Laut aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes leben sechs Millionen Menschen in Deutschland in zu kleinen Wohnungen. Im europäischen Vergleich steht die Bundesrepublik damit zwar gut da, doch Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) deuten auf eine Trendwende hin.
Im Jahr 2018 wohnten 7,4 Prozent aller deutschen Haushalte in zu kleinen Wohnungen, wie aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Von einer solchen Überbelegung ist die Rede, wenn sich etwa zwei Teenager ein Zimmer teilen müssen oder Eltern das Wohnzimmer auch als Schlafzimmer nutzen. Besonders die Städter sind davon betroffen: Hier liegt der Anteil bei 11,5 Prozent, während er in Vororten nur bei 5,5 Prozent und in ländlichen Gebieten bei rund vier Prozent liegt.
Es wird zunehmend enger
Im europäischen Vergleich haben die Deutschen überdurchschnittlich viel Platz – unabhängig davon, ob sie in einer Großstadt leben oder in der Provinz. Die
Überbelegungsquote liegt EU-weit bei 15,5 Prozent und ist damit um rund acht Prozentpunkte höher als in der Bundesrepublik. Betrachtet man allerdings die Entwicklung in den vergangenen Jahren, so
zeichnet sich eine Trendwende ab. IW-Berechnungen auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zeigen, dass der Anteil an Mieterhaushalten, die pro Person weniger als einen Raum zur Verfügung
haben, seit rund zehn Jahren stetig steigt. 2008 lag der Wert bei knapp zehn Prozent, 2018 stieg er schon auf 14 Prozent. Auch die Wohnfläche pro Kopf stagniert bei den Mietern im Bundesschnitt –
in den Großstädten ist sie sogar rückläufig. Damit wohnen Mieter in Großstädten in kleineren Wohnungen als noch vor zehn Jahren.
Wandel durch Corona?
Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie ist die Überbelegung von Wohnungen für viele Menschen in Deutschland ein Thema, vor allem in den Großstädten. Mit dem Virus haben sich einige Faktoren, die zuvor für die Wohnungswahl relevant waren, umgedreht oder sind zurzeit überflüssig geworden. Die Nähe zum Arbeitsplatz etwa ist aufgrund der Kontakt- und Ausgangssperren für viele im Moment irrelevant, da oftmals im Homeoffice gearbeitet wird. „Nicht jeder wird negative Lehren aus der aktuellen Situation ziehen. Wer vorher nie von Zuhause aus gearbeitet hat, wird es nach der Corona-Krise vielleicht einmal in der Woche machen“, sagt IW-Immobilienexperte Pekka Sagner. „Das könnte die Wohnungswahl in Zukunft beeinflussen, da nicht mehr nur der Arbeitsweg von hohem Interesse ist, sondern vielleicht ein kleines, zusätzliches Zimmer für das Homeoffice.“
Quelle: Pekka Sagna, Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomie, Institut der Deutschen Wirtschaft